Pro und Kontra eines Streiks #GDL

PRO:

Das Streikrecht ist ein hart erkämpftes Gut. Ein Recht, welches kein normal denkender Mensch infrage stellen dürfte, es sei denn, er oder sie ist UnternehmerIn. Es ist ein Arbeitskampfistrument, dass aber auch nicht missbraucht werden darf. Jeder Mensch hat das Recht, für bessere Arbeitsbedingungen (und dazu gehören auch Arbeitszeiten und Entlohnung) zu kämpfen. Soviel dazu.

Nun stehen wir – wieder einmal – vor einem Streik der Lokführer. Der fünfte Streik in dieser Tarifrunde. Und es ist ein Streik, bei dem es einem schwer fällt, über Sinn und Unsinn der Maßnahme zu entscheiden. Mir zumindest fällt es wirklich schwer.

Da will die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) die Bedingungen ihrer Mitglieder verbessern, will kürzere Arbeitszeiten bei besseren Löhnen durchsetzen. Völlig legitim, auch wenn man bedenkt, dass man von solchen Forderungen in anderen Branchen nicht mal zu träumen wagt. Leider.

Eine Gewerkschaft verliert ihren Sinn, wenn sie für ihre Mitglieder, ihre Branche oder Sparte nicht versucht, bessere Bedingungen durchzusetzen. Dass ist die Grundaufgabe einer Gewerkschaft. Und genau für dieses Recht auf Arbeitskampf haben viele unserer Vorfahren gekämpft und manche/r hat dafür sogar mit seinem oder ihrem Leben bezahlt.

Trotzdem sehe ich den jetzigen Streik skeptisch. Die GDL will nämlich auch für zum Beispiel die Zugbegleiter verhandeln, für die allerdings die größere EVG zuständig ist. Und trotzdem macht genau diese Forderung auch Sinn.

Was wäre denn, wenn nun nach Streiks die Lokführer zwar bessere Arbeitsbedingungen hätten, aber wenige Tage später die Zugbegleiter streiken würden, um auch bessere Bedingungen durchzusetzen? Die Bahnen würden wieder still stehen. Also ist die Forderung richtig, alles, was irgendwie mit Fahrpersonal zu tun hat, seien es die Lokführer selber, Zugbegleiter oder Rangierpersonal und Stellwerker, in eine Hand zu legen. Schließlich könnten sonst nach den Lokführern und den Zugbegleitern später auch noch die Stellwerker streiken. Effekt? Die Bahnen stehen still.

Vor allem die Leute, welche jetzt argumentieren, dass „die doch zufrieden sein sollen, Arbeit zu haben“, haben scheinbar nicht verstanden, was diese Mitarbeiter der Deutschen Bahn jeden Tag auf sich nehmen. Ein komplett ungeregeltes Leben, Familien, deren Zusammenhalt unter der ständigen Schichtarbeit massiv leidet. Oder den gesundheitlichen Risiken. Der Biorhythmus, und somit einer der wichtigsten Kontrollmechanismen des menschlichen Körpers, leidet massiv.

Gut. Vor diesen Problemen stehen alle SchichtarbeiterInnen. Aber die wenigsten haben dabei die Verantwortung für die Sicherheit von oftmals mehreren hundert Menschen. Soviel sei erst mal an Punkten FÜR den Streik gesagt.

KONTRA:

Gerade jetzt, wo sich die Politik damit beschäftigt, kleineren Gewerkschaften die Rechte und Mittel zu beschneiden, bietet natürlich die GDL mit ihren Streiks eine Steilvorlage. Die GDL legt (fast) die gesamte Schieneninfrastruktur Deutschlands lahm, sorgt damit für Unmut und richtet Millionenschäden an, die zumeist völlig Unbeteiligte treffen. Der letzte Streik wurde auf den Ferienbeginn gelegt, was natürlich für die betroffenen Kinder, die sich oft wochenlang aufs Ferienlager oder den Besuch bei den Großeltern gefreut hatten, sehr ärgerlich war.

Ein Streik soll und muss weh tun, allerdings vor allem jenen, gegen die man sich im Arbeitskampf befindet. Dass ist aber bei Lokführern, Zugbegleitern, Rangierern etc. nicht möglich, da werden immer Außenstehende getroffen. Deshalb ist gerade hier Augenmaß zu wahren. Und genau dass scheint der GDL abhanden gekommen zu sein. Der Unmut der Fahrgäste jedenfalls ist den Lokführern gewiss. Und viele, die anfangs Verständnis für die Forderungen der Lokführer hatten, wenden sich nun von ihnen ab. Verständlicher Weise.

Schließlich müssen wieder viele, die selbst auch wenig verdienen, nun zusehen, wie sie zur Arbeit kommen. Viele sind dann mangels eigenem Auto oder anderen Möglichkeiten auf ein Taxi angewiesen. Bezahlt denen dass der Arbeitgeber? In den seltensten Fällen vielleicht. Und wenn kein Taxi zur Verfügung steht, haben sie auch noch Verdienstausfall. Und vor allem für ArbeiterInnen in der Probezeit sind Fehltage bekanntlich ungünstig.

Schon jetzt freuen sich die Reisebusunternehmen, deren Fahrgastzahlen bereits beim letzten Streik in die Höhe schnellten. Diesmal wird es wohl ein noch lohnenderes Geschäft. Somit sorgt der Streik der Lokführer sogar noch für eine paradoxe Situation: Viele Fahrgäste werden erkennen, dass man billiger und oft genauso schnell mit dem Reisebus ans Ziel kommt. Meist WLAN inklusive. Und oft bleiben diese ehemaligen Stammkunden der Bahn dann den Reisebussen treu. Für die eigene Konkurrenz also die beste Werbung.

Auch die Privatwirtschaft, die auf Zulieferer angewiesen ist, wird sich überlegen, künftig mehr auf LKW und private Speditionen zu setzen, wenn sich die Bahn als unzuverlässig erweist.

Damit wird allerdings die Aufgabe der Bahn, nämlich den Straßenverkehr auf die Schienen zu verlagern, umgekehrt. Und zukünftig ausbleibende Fahrgäste und Waren sorgen für sinkende Verkaufszahlen.

FAZIT:

Die kleineren Gewerkschaften sollten schnellstens das Hickhack um Zuständigkeiten beilegen. GDL und EVG können nur an einem Strang ziehen, wenn sie sich VOR zukünftigen Verhandlungen an einen Tisch setzen und eine gemeinsame Linie abklären. Die Bahn ist jetzt in der komfortablen Lage, den berühmten schwarzen Peter der GDL zuschieben zu können, die jetzt kaum noch ohne Gesichtsverlust aus der verfahrenen Situation herauskommt. Vielleicht könnte auch eine Fusion beider Gewerkschaften die Streitigkeiten beenden. Damit ist aber nicht zu rechnen, weil Funktionäre wie Weselsky nichts von ihrer Macht einbüßen wollen.

 

Weiterführende Links:

Bahnstreik – Ich bin ein GDL-Versteher!„, Nachdenkseiten vom 30.10.2014

Einen Orden für den GDL-Chef!„, ZEIT.DE VOM 05.11.2014

 

 

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